Letztens nahm ich an einem Schreibwettbewerb teil, den ich leider nicht gewinnen konnte, da ich aus unerfindlichen Gründen doch nicht so wirklich teilgenommen habe. Möglicherweise fehlte es mir einfach an der nötigen Intelligenz, meine Geschichte parallel auf zwei Portalen hochzuladen. Die Vorgabe war: Ein Geheimnis kommt ans Licht in weniger als 2500 Satzzeichen (inklusive Leerzeichen). Bitte sehr:

Kennen Sie das Gefühl der Erleichterung, das man verspürt, wenn man bei einer Lüge ertappt wird? Wenn die Angst von einem abfällt, man könne erwischt werden? Nur, um sogleich durch die absurde Angst ersetzt zu werden, der Belogene könnte einen bestrafen.
Und irgendwo unter all dieser Angst huscht eine Freude durch die Schatten. Die Freude darüber, endlich von der Last des Lügengebildes befreit zu sein. Die Freude darüber, dass ein lange gehegter Wunsch nun endlich in Erfüllung gegangen ist: Der heimliche Wunsch, alles würde irgendwann auffliegen, ans Licht kommen.
All das habe ich bei meiner Frau gesehen. Wie die Hoffnung auf Gnade mit der Gewissheit des Todes gekämpft hat. War da ein Aufflackern von Erleichterung in ihren Augen, nun endlich zu ihrer Affäre stehen zu können? Und dann die Enttäuschung, als sie realisiert hat, was das bedeuten würde: Mit durchlöcherter Stirn im Hinterhof zu liegen.
Was wird meine Frau gedacht haben? Hat sie beim Auftreffen des Schlagbolzens auf die Patrone noch schnell ein Gebet gesprochen zu einem Gott, der sie nicht hört? Ist ihre Hoffnung, ich würde sie leben lassen, bei der Explosion der Treibladung geplatzt wie eine Seifenblase?
Was hat sie zuletzt verspürt? War es die Angst vor dem Tod, oder die Erleichterung darüber, dass nun alles vorbei ist, oder gar eine völlig irrationale Freude auf ein Leben nach dem Tod? Wie mag es sich für sie angefühlt haben, als die Welt um sie herum langsam erlosch? Ihr lebloser Körper verschwand im Dunkel des Vergessens, zwei Meter unter der Grasnarbe.
Und all die Jahre wuchs in mir die Angst, jemand könnte doch noch ihre Leiche finden und mich zur Rechenschaft ziehen. Nachts, erwachten dann Ungeheuer der Furcht, die durch meine Träume liefen und wieder und wieder riefen, alles käme ans Licht, die beiden Tode seien nicht unbemerkt geblieben.
Bei jedem Klingeln des Telefons ließ mich diese Angst zusammenzucken. Jedes Klopfen an der Tür sorgte dafür, dass mein Herzschlag für einen Moment aussetzte.
Letztlich überwog bei meiner Verhaftung aber doch die Freude. Diese völlig irrationale, unkontrollierte Freude darüber, ertappt zu sein.

Ende