Have a break, write a book

Where the story happens

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich meinen Kurzkrimi „ESAV EID – Die Vase“ für den Krimiwettbewerb des Krimifestivals in Gießen geschrieben. Einer der beiden zentralen Grundgedanken war, dass die Geschichte an nur einem Ort spielt (was ich zugegebenermaßen nicht ganz eingehalten habe, aber ****** drauf). Hierzu habe ich mir zu allererst einmal den Handlungsort – das Wohnzimmer der Familie S. – aufgemalt. Doch wie schafft man es, den Schauplatz einer Geschichte in das Hirn des Lesers zu teleportieren? Es gibt zwei einfache Wege:

  1. Man lässt die Figuren handeln. Dadurch, dass die Charaktere mit der Umgebung interagieren, erhält der Leser direkt ein Bild des Schauplatzes. In ESAV EID liest sich das dann so:
    Nachdem sie das Bücherregal durchforstet hat, rückt sie die übriggebliebenen Bücher enger zusammen, um die entstandenen Lücken zu kaschieren. Auf die frei gewordenen Flächen wird sie später einige dekorative Gläser oder Vasen stellen. Martina stellt den Karton auf dem kleinen Sofatisch ab. Dann geht sie zu dem kleinen Schränkchen, in dem Johannes‘ Musikanlage steht.
    Als Leser weiß ich jetzt, dass es in dem Wohnzimmer ein Bücherregal, einen kleinen Sofatisch und ein kleines Schränkchen – vielleicht eine Art Kommode – gibt.
    Weiter geht’s dann mit den Herren Ermittlern:
    Der Anwaltsgehilfe wirkt unsicher, als wüsste er nichts Rechtes mit sich anzufangen. Er tritt ständig von einem Fuß auf den anderen und blickt dabei immer wieder vom Ecksofa zur Sesselgruppe, die im sechseckigen Erker steht.
    Das Wohnzimmer verfügt offenbar über einen Erker und eine Sesselgruppe. All diese Informationen hat der Leser erhalten, ohne eine langweilige Beschreibung der Umgebung zu lesen, womit ich direkt komme zu Möglichkeit Nr. 2.
  2. Man beschreibt, wie die Gegend halt so aussieht. Ich war allerdings noch nie ein großer Fan von seitenlangen Landschaftsbeschreibungen à la Karl May (auch wenn mein absoluter Lieblingsautor, Michael Crichton, ebenfalls sehr gut darin war), was mich jedoch nicht davon abhält mich ab und an ebenfalls dieser Methode zu bedienen (ich vermute, dass man hierfür sehr viel besser sein muss, als ich es bin). So geschehen in meiner Kurzgeschichte „Sein letzter Witz“, in der Franklin die Wohnung von Rocco dem Clown betritt.
    Der einzige Raum ist gerade einmal so groß wie Franklins Küche und dient als Schlaf- und Esszimmer. In einer Ecke sind eine kleine Herdplatte und eine Spüle installiert. Die Tür zur Toilette ist aus den Angeln gefallen und lehnt an der Wand. Der Toilettendeckel ist hochgeklappt. Im ganzen Raum stinkt es. Absurderweise hängt an der Decke – als wäre er aus einem anderen Universum in die kleine Wohnung hereingeschneit – ein großer alter Leuchter.

Mir fällt kein kluges Schlusswort für diesen Beitrag mehr ein, drum höre ich einfach so auf. Punkt.

2 Kommentare

  1. Lutz Hermann

    Cooler Blick hinter die Kulissen. (Wobei mir gerade auffällt, wie uncool, ich das Wort „cool“ verwende.) Ich freue mich auf weitere Enthüllungen.

  2. Lutz Hermann

    Darf man die Kommentarfunktion von Seiten nutzen, um Werbung für den eigenen Podcast zu machen?
    Ich versuche es:
    https://soundcloud.com/user-77995645/noch-zwei-hemden-dann-schreibe-ich-weiter-folge-4

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