Vergangenes Jahr habe ich versucht, jeden Monat einen Podcast zu erstellen. Ich habe nachgezählt: Es hat nicht ganz geklappt. Auf meiner Festplatte schlummern noch ein paar Dokumente (eher Fragmente), die ich ursprünglich für diesen Podcast einsprechen wollte. Der folgende Text entstammt einer Episode mit dem Titel „Filme, die einen Kloß im Hals erzeugen“. Aber lesen Sie selbst!
In dem Film „Am Sonntag bist du tot“ spielt Brendan Gleeson einen katholischen Priester, der irgendwo an der irischen Küste seine kleine Gemeinde hat. Er kennt alle seine Schäfchen und kümmert sich hingebungsvoll um sie. Der Film beginnt jedoch nicht idyllisch – was daran liegen könnte, dass es sich (wie wir schnell erfahren) nur um eine scheinbare Idylle handelt – sondern mit einer Verhängnisvollen Beichte. Ein, zu diesem Zeitpunkt des Films noch unbekannter, Mann erzählt dem Priester, dass er als Kind von einem anderen – inzwischen verstorbenen – Priester vergewaltigt wurde… jeden zweiten Tag! Pfarrer Lavelle – wie Gleesons Charakter heißt – kann zunächst nichts erwidern. Als er versucht, auf den beichtenden einzugehen, eröffnet dieser, dass er plant, Lavelle am kommenden Sonntag am Strand zu erschießen.
Lavelle steckt in der Klemme: Er hat den Mann zwar an der Stimme erkannt, darf ihn aber aufgrund des Beichtgeheimnisses nicht bei der Polizei anzeigen. Sein Vorgesetzter sieht noch die Möglichkeit, das Beichtgeheimnis zu umgehen, doch Lavelle hat andere Pläne. Er fühlt sich seiner Gemeinde und vor allem seiner Tochter verpflichtet. Diese hat kurz zuvor einen Suizidversuch überlebt und will sich nun ein paar Tage bei ihrem Vater erholen.
Der Film begleitet Lavelle während seiner letzten sieben Tage. Dabei lernt der Zuschauer die illustre Gemeine kennen: Der Metzger, der seine Ehefrau schlägt; die Ehefrau, die ihren Mann, den Metzger, mit dem Automechaniker betrügt; den atheistischen Arzt, der voller Zynismus eine Zigarette in einem Spenderherzen ausdrückt; den schwulen Polizeikommissar, der eine Beziehung mit dem Prostituierten Leo hat; den reichen Banker, der seine Anleger betrogen hat und so zu unermesslichem Reichtum gekommen ist. Die Liste der kaputten Menschen ist lang. Aber alle Charaktere des Films sind zutiefst menschlich – eben weil sie so kaputt sind.
Über der Geschichte hängt jedoch noch drohend der Kindesmissbrauch der in der Katholischen Kirche stattgefunden hat. Hierfür will der Film keine Lösung bieten, wohl aber für das Thema dieses Podcasts: Kurz vor seinem Tod, telefoniert Lavelle mit seiner Tochter. Dabei kommen sie auf Sünden und Tugenden zu sprechen. Laut Lavelle wäre die Welt eine bessere, wenn man nicht mehr so oft über Schuld und Sünde spreche, sondern wieder mehr über Tugenden. Und als Tugend Nummer eins nennt er die „Vergebung“. Dass seine Tochter das begriffen hat, sieht man, wenn sie in der letzten Szene des Films im Gefängnis mit dem verurteilten Mörder ihres Vaters spricht.
Was mich an diesem Film so fasziniert hat, ist, dass er es geschafft hat, dass ich mir im Kino für den Bruchteil einer Sekunde gewünscht habe, der als Kind misshandelte – zu diesem Zeitpunkt noch zukünftige – Mörder möge sich mit seiner Waffe selbst erschießen. Nach diesem Bruchteil einer Sekunde habe ich mich unglaublich schlecht gefühlt.
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